14.10.2015

Sind Zahnfüllungen mit Quecksilber giftig?

«Quecksilber-Vergiftung durch Amalgam in Zahnplomben»: Davor warnen zahlreiche einschlägige Internetseiten. Neu ist das Malen solcher Schreckensszenarien nicht – sie existieren seit es Amalgamfüllungen gibt, also seit fast zweihundert Jahren. Allerdings hat bis jetzt keine wissenschaftliche Studie belegen können, dass Amalgamfüllungen die Funktion des menschlichen Immunsystems beeinträchtigen (mit Ausnahme einer Amalgam-Allergie).

Doch ist Amalgam, das zur Hälfte aus Quecksilber besteht, tatsächlich unbedenklich? Mit dieser Frage konfrontieren uns in der Praxis zahlreiche Patienten, die noch alte Amalgamfüllungen besitzen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

Wann wird eine Amalgam-, wann eine alternative Füllung gelegt?

Amalgam war über fast zwei Jahrhunderte das beliebteste Material für Zahnfüllungen. Heute werden in der Schweiz jedoch weitgehend Kunststoff-Füllungen oder laborgefertigte Restaurationen (z.B. aus Keramik) gelegt.

Sind Amalgamfüllungen gefährlich?

Unbedenklich ist die Verwendung von Quecksilber im menschlichen Körper nicht. Entscheidend ist, wie fest Ihr Körper dem Quecksilber insgesamt ausgesetzt ist. Methyl-Quecksilber ist beispielsweise sehr giftig. Den höchsten Gehalt davon weisen fettreiche Fische auf. So nehmen beispielsweise Japaner vergleichsweise eher höhere Konzentrationen von Quecksilber auf, da sie tendenziell mehr Fisch essen. Amalgamfüllungen tragen also nur geringfügig zur Gesamtbelastung mit Quecksilber beim Menschen bei. Von Vergiftungen kann also nicht die Rede sein. Meinen Patienten sage ich jeweils, dass die Belastung mit Quecksilber ähnlich dem ist, was sie beim Fischkonsum aufnehmen – abhängig von der Anzahl Amalgamfüllungen und der Häufigkeit, mit der sie mehr oder weniger fettreiche Fische essen.

Was ist mit Kopfschmerzen, Haarausfall, Übelkeit, Müdigkeit, Schlafstörungen und Depressionen – können diese Reaktionen durch Amalgamfüllungen hervorgerufen werden?

Nein, auch das sind nicht nachvollziehbare Behauptungen. Zwischen der Anzahl der Amalgamfüllungen und der Häufigkeit der genannten Symptome besteht kein Zusammenhang. Das zeigen umfangreiche Studien.

Was, wenn ich gegen Amalgam allergisch bin?

Amalgam-Allergien sind sehr selten. Trotz der hohen Anzahl gelegter Amalgamfüllungen gibt es weltweit nur etwa hundert sicher dokumentierte Fälle. Eine Allergie kann über einen Test auf der Haut nachgewiesen werden. Allerdings reagiert die Haut viel sensibler als die Mundschleimhaut. Deshalb muss die Füllung auch im Falle einer Allergie nur entfernt werden wenn sich gleichzeitig die Mundschleimhaut verändert. Eine solche sogenannte intraorale lichenoide Reaktion (erkennbar durch grauweisse Flecken oder Streifen) können im Zusammenhang mit Amalgamfüllungen tatsächlich auftreten. Allerdings kommt auch dies sehr selten vor.

Dann kann ich meine Amalgamfüllung getrost drinnen lassen?

Wenn Sie weder eine Amalgam-Allergie haben noch sich Ihre Mundschleimhaut verändert, muss die Füllung nicht entfernt werden. Ausserdem birgt auch ein Füllungwechsel Risiken. Insbesondere bei Schwangeren, Kindern und Pateinten mit schweren Nierenfunktionsstörungen sollte die Anwendung von Amalgamen verhindert werden – Füllungen also weder gelegt noch entfernt werden.

Gibt es weitere Faktoren, die das Risiko negativer Folgen erhöhen?

Ein Risiko besteht meiner Erfahrung nach, wenn sich in den Zähnen, die Amalgamfüllungen besitzen, Risse bilden. Dazu kann es kommen wenn die Füllungen altern und sich ausdehnen. Im ungünstigsten Fall bricht der Zahn längs bis tief in die Wurzel. Das habe ich in der Praxis tatsächlich schon erlebt. Dann muss man ihn entfernen. Jährliche Kontrolluntersuchungen sind also auch wichtig um beginnende Risse erkennen zu können.